Das haben wir immer schon so gemacht!
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Das haben wir immer schon so gemacht!

3. November 20254 Minuten Lesezeit

Warum Sportvereine nur mit aktivem Change Management zukunftsfähig bleiben

Kaum ein Satz steht so sinnbildlich für das Spannungsfeld zwischen Tradition und Wandel im Sportverein wie dieser:

„Das haben wir immer schon so gemacht!“

Er klingt nach Stabilität, nach Erfahrung – aber manchmal eben auch nach Stillstand.

Während sich Sport, Gesellschaft und Kommunikation in rasantem Tempo verändern, sind viele Vereine noch in Strukturen gefangen, die vor 30 Jahren funktionierten. Der Wandel kommt – ob gewollt oder nicht. Die entscheidende Frage lautet: Gestalten wir ihn aktiv oder lassen wir ihn über uns hinwegrollen?

1️⃣ Wandel im Ehrenamt: Warum Veränderung heute unausweichlich ist

Demografischer Wandel, Digitalisierung, neue Erwartungen an Ehrenamt und Führung:
Die Welt des Sports verändert sich tiefgreifend. Junge Engagierte wollen mitgestalten, aber nicht „nach Vorschrift“. Mitglieder erwarten moderne Kommunikation, Transparenz und zeitgemäße Angebote. Gleichzeitig sind viele Vereine von jahrzehntelanger Stabilität geprägt – mit eingespielten Abläufen und informellen Machtstrukturen.

Das Spannungsfeld: Zwischen Bewahrung und Erneuerung entstehen Reibungen. Doch die Forschung zeigt: Organisationen, die Wandel aktiv gestalten, bleiben resilienter und erfolgreicher.
(→ Kotter, 1996; Lewin, 1947; Edmondson, 1999)

2️⃣ Was Change Management im Verein wirklich bedeutet

Change Management meint nicht bloß „neue Leute, neue Ideen“. Es ist ein bewusster Prozess der Veränderung, in dem Menschen, Strukturen und Emotionen gleichermaßen berücksichtigt werden.

Der Organisationspsychologe Kurt Lewin (1947) beschrieb Veränderung in drei Phasen:

  • Unfreeze: Alte Denkmuster lösen

  • Change: Neues ausprobieren und anpassen

  • Refreeze: Neues stabil verankern

John Kotter (1996) konkretisierte diesen Ansatz später in acht Schritten – von der Dringlichkeit über die Vision bis hin zu sichtbaren „Quick Wins“.

Für Vereine heißt das: Wandel gelingt nicht durch Beschlüsse, sondern durch Beteiligung, Kommunikation und Vertrauen.

3️⃣ Warum Widerstand kein Problem ist – sondern ein Signal

„Wenn alles gut läuft, warum sollen wir etwas ändern?“ – eine oft gehörte, menschlich verständliche Frage. Doch laut der Change Curve nach Kübler-Ross (1969) ist Ablehnung eine normale Phase jeder Veränderung.

Widerstand zeigt Bindung: Menschen kämpfen nur um Dinge, die ihnen etwas bedeuten. Deshalb ist die Aufgabe der neuen Führung nicht, Gegner zu überzeugen – sondern Sinn zu vermitteln.

Amy Edmondson (1999) spricht hier von psychological safety:
Teams funktionieren dann am besten, wenn Mitglieder sich sicher fühlen, ihre Meinung äußern zu dürfen – auch kritisch.

In Vereinen bedeutet das: Kritik ist kein Störfaktor, sondern ein Schatz. Wer zuhört, versteht, wo Wandel ansetzen muss.


💡 Schattenführung: Wenn alte Machtstrukturen Wandel bremsen

Viele Veränderungen scheitern nicht an Konzepten, sondern an unsichtbaren Machtstrukturen. Die Forschung spricht hier von informal oder shadow leadership: Personen, die keine offizielle Position mehr haben, aber durch ihr Netzwerk, ihre Reputation oder Loyalitäten weiterhin Einfluss ausüben (Cross & Parker, 2004; Yukl, 2013).

Solche Dynamiken entstehen dort, wo formale und informelle Autorität auseinanderfallen – im Ehrenamt besonders häufig, weil Beziehungen oft stärker wirken als Hierarchien (Ibarra, 1993).

Informelle Führung kann hilfreich sein, wenn sie transparent eingebunden wird (Cross, Borgatti & Parker, 2002). Wird sie dagegen genutzt, um neue Ideen zu untergraben, entsteht ein resistance network (Battilana & Casciaro, 2013), das Wandel massiv verlangsamt.

Für die Praxis:

  • Ehemalige Leitungspersonen gezielt in beratende Rollen einbinden.

  • Transparente Entscheidungswege schaffen.

  • Frühzeitig erkennen, wo tatsächlicher Einfluss liegt – auch jenseits offizieller Ämter.

Wer solche Schattenebenen versteht und bewusst integriert, macht seinen Verein langfristig stabiler und konfliktresistenter.


4️⃣ Erfolgsfaktoren laut Forschung und Praxis

Transparente Kommunikation

Regelmäßige Updates, klare Begründungen, keine Entscheidungen „im Hinterzimmer“. Transparenz mit guter interner Vereinskommunikation entzieht Gerüchten den Nährboden. (Kotter, 1996)

Gemeinsame Vision

Nicht „wir müssen modern werden“, sondern „wir wollen, dass unser Verein auch in 10 Jahren noch Kinder begeistert“.

Kleine, sichtbare Erfolge („Quick Wins“)

Neue Website, vereinfachte Anmeldung, digitale Kassenführung – all das sind greifbare Zeichen von Fortschritt.

Mentoring statt Machtübergabe

Ehemalige Führungskräfte als Ratgeberinnen und Ratgeber einbinden – aber klare Verantwortlichkeiten schaffen. So bleibt Erfahrung erhalten, ohne Innovation zu blockieren.

Rituale des Abschieds

Wie William Bridges (2004) beschreibt, braucht Veränderung symbolische Übergänge. Eine feierliche Staffelstabübergabe, ein Dankesabend oder ein gemeinsames Foto sind mehr als Gesten – sie geben Orientierung und Wertschätzung.

5️⃣ Typische Fehler, die Wandel scheitern lassen

🚫 Veränderung „von oben herab“ ohne Dialog
🚫 Fehlende Rollenklarheit („Wer darf eigentlich entscheiden?“)
🚫 Keine klare Kommunikation nach innen
🚫 Alte Führung redet weiter im Hintergrund mit („shadow leadership“)
🚫 Mangelnde Geduld: Wandel braucht Zeit

Forschung und Praxis zeigen: Vereine, die Veränderung planen wie ein Projekt, mit klaren Verantwortlichkeiten, Feedback-Schleifen und kleinen Erfolgen, meistern auch schwierige Umbrüche stabiler.

6️⃣ Praxisbeispiel: Wandel mit Struktur

Ein mittelgroßer bayerischer Leichtathletikverein stand 2023 vor einem kompletten Führungswechsel. Die bisherigen Vorsitzenden übergaben ihr Amt nach 25 Jahren. Statt eines harten Schnitts wählte man eine zweistufige Übergabe: Ein Jahr lang begleiteten die bisherigen Verantwortlichen das neue Team als Mentoren – mit klar definierten Rollen, aber ohne Entscheidungsbefugnis.

Parallel wurden alle Abteilungsleitungen in Workshops eingebunden, um die neue Struktur gemeinsam zu entwickeln. Ergebnis: keine Spaltung, sondern ein gestärktes „Wir-Gefühl“ – und neue Impulse durch die junge Leitung.

🏁 Fazit: Zukunft ist kein Zufall

„Das haben wir immer schon so gemacht“ ist kein Argument – es ist ein Symptom. Ein Symptom dafür, dass Veränderung ansteht.

Die erfolgreichsten Vereine sind heute nicht die, die am meisten Tradition haben, sondern die, die Tradition mit Wandel verbinden können.

Wandel bedeutet nicht, Altes wegzuwerfen – sondern zu entscheiden, was bleiben darf, weil es trägt, und was gehen darf, weil es Platz schafft für Neues.

Damit dieser Wandel gelingt, braucht es nicht nur Offenheit im Denken, sondern auch klare Strukturen im Handeln. Genau hier setzt der SPOFERAN Clubmanager an: Er unterstützt Vereine dabei, Aufgaben transparent zu verteilen, Verantwortlichkeiten zu klären und Kommunikation so zu gestalten, dass Wandel nicht chaotisch, sondern koordiniert und gemeinsam geschieht.

So wird Veränderung nicht zur Belastung – sondern zur Chance, den Verein nachhaltig zu stärken.

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